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2. Internationales Super 8 Treffen

1983 kam als Spielstätte des interfilm 2 das Kino Arsenal hinzu. Veranstalter waren für ein Jahr die Freunde der Deutschen Kinemathek.

Super 8 - dieses Medium hat immer wieder Aufmerksamkeit in der Programmarbeit der "Freunde der Deutschen Kinemathek" gefunden.

Schon in den siebziger Jahren gab es Veranstaltungen mit Berliner Amateurfilmclubs oder mit Gruppen, die sich stark mit S 8 beschäftigten; wie der Coop "Das andere Kino". Super 8-Filme liefen in Veranstaltungen wie unserem "open house". Auch in unserer Vorbereitungsarbeit für das "Internationale Forum des Jungen Films" stießen wir häufig auf super 8-Filme, die ins Zentrum dessen gehörten, was zu fördern und zu entdecken wir uns bemühen: zu einem freien und unabhängigen Kino, das neue Ausdrucksformen sucht und Erfahrungen formuliert, die in andere filmische Bereiche infolge der dort gegebenen Produktionszwänge und Abhängigkeiten keinen Eingang finden.

Dazu gehörte etwa der schöne und engagierte Film über das Berliner Umweltfestival, WER KEINEN MUT ZUM TRÄUMEN HAT, HAT KEINE KRAFT ZUM KÄMPFEN (1979); oder der brillante selbstironische Essay des italienischen Jungfilmers Nanni Moretti, ICH BIN EIN AUTARKIST (1980).

Freilich waren dies noch Filme, die zum Ziel ihrer größeren Verbreitung auf 16 mm aufge-blasen wurden und erst in dieser Form breitere Aufmerksamkeit fanden. Das Auf-blasen (sogar auf 35 mm) halten beispielsweise die venezolanischen Super 8- Filmer teilweise für essentiell, um ihre Filme dann ins "richtige" Kino bringen zu können, so bei Diego Risquez und seinem Film BOLIVAR, SINFONIA TROPIKAL (1980). Ob freilich dieser Vorstoß des S 8-Films in den "richtigen" Kinobereich überhaupt notwendig und anzustreben ist, ob die Arbeit im S 8-Format gewissermaßen nur ein Notbehelf bzw. ein Übergangsstadium auf dem Wege zur professionellen Filmarbeit ist - oder ob das Medium einen selbständigen Bereich darstellt, der es rechtfertigt, sich "auf Dauer" in ihm zu installieren (und wie dann eine Kontinuität der Arbeit zu sichern ist) - das ist eine Frage, an der sich schon die Meinungen scheiden; wir hoffen, mit dem 2. Internationlen S 8-Treffen einen Beitrag zu dieser Diskussion zu liefern.

Dann wiederum begegneten uns "authentische" S 8-Filme, die auch in diesem Format vorgeführt werden wollten; wie bestimmte Arbeiten des kompromisslosen amerikanischen Experimentalfilmers Stan Brakhage (der Zyklus seiner "Songs", noch in normal 8 gedreht!) oder die Arbeiten der Franzosen Gerard Courant, Teo Hernandez und Joseph Morder (seinen autobiographischen Film LE LAPIN A DEUX TETES / 1981 haben, wir zum ersten Mal im Rahmen des Forums auch im großen Delphi-Kino als super 8-Projektion erfolgreich vorgeführt).

> Gleichzeitig, an der Wende zu den achtziger Jahren, schien auch der super 8-Film in Deutschland interessante neue Impulse zu erfahren - unter anderem als Gegenreaktion auf die durch ihr Subventionswesen in Versteinerung geratene, unbeweglich gewordene deutsche Filmlandschaft. Ich erinnere mich noch sehr gut, wie 1982 auf einer Diskussion in Oberhausen zur 20. Wiederkehr des Oberhausener Manifestes die super 8-Filmer eine Gegenposition zu den übrigen, um Subventionen bemühten Filmemachern formulierten und damit den einzig wirklichen Kontrapunkt zur Debatte lieferten. Sicherlich kann sich der Super 8-Film aufgrund seines geringen Bedarfs an Produktionsmitteln ungleich größerer Freiheiten bedienen, als sie dem subventionierten und dadurch von Gremien und Fernsehanstalten abhängigen "pro-fessionellen" deutschen Film zur Verfügung stehen. Diese Chance allein rechtfertigt es schon, dem Medium besondere Aufmerksamkeit entgegenzubringen.

Darüber hinaus sind in den letzten Jahren auch ganz neue Publikumsschichten und Rezeptionsweisen für S 8-Filme erschlossen worden, die mit den traditionellen Film-Situationen teilweise nur noch wenig zu tun haben, aber vielleicht die Antwort einer neuen Generation von Filmemachern auf Verhältnisse und Abhängigkeiten darstellen, mit denen man nicht zufrieden ist und denen man etwas eigenes entgegensetzen möchte Weil wir uns diesen neuen. Entwicklungen auf dem Gebiet des Films (zu dem super 8 nichtsdestoweniger gehört) verbunden fühlen, sind wir froh darüber, dass es mit dem 2. Internationalen super 8-Filmtreffen gelungen ist, eine Verbindung zwischen allen Institutionen, die in dieser Stadt im super 8-Bereich arbeiten, herzustellen, dass auch alle oder fast alle wichtigen alternativen Spielstellen mit "von der Partie sind", dass wir einen (wie wir hoffen) übersichtlichen Katalog und Veranstaltungsplan zusammengestellt und eine hoffentlich ebenfalls optimale Programmauswahl getroffen haben. Sie ist so verlaufen, dass die Vertreter der einzelnen Spielstellen aus den angemeldeten bzw. eingeschickten Filmen jeweils das ausgewählt haben, was ihnen für ihre eigene Arbeit am besten brauchbar bzw. die beste Qualität zu repräsentieren schien. Daher auch die unterschiedliche Programmierung der einzelnen Kinos.

Schließlich möchten wir uns auch beim Land Berlin und beim Senator für kulturelle Angelegenheiten bedanken, dass es durch einen Zuschuss möglich wurde, dieses Treffen überhaupt zu veranstalten und auch einige Teilnehmer bzw. Programme aus dem Ausland einzuladen. Damit das Treffen nicht nur aus dem Abspulen von Filmen besteht, haben wir in das Programm einige Seminar- und Diskussionsveranstaltungen einbezogen.

Unser Dank gilt last but not least dem "Gegenlicht-Verleih", der seine Erfahrungen in der Arbeit mit Super 8 zur Verfügung gestellt und (zusammen mit den "Freunden") das organisatorische Rückgrat der Veranstaltung gebildet hat.

Und nun wünschen wir dem Treffen einen guten Verlauf, dem Katalog einen guten Absatz und der Veranstaltung eine häufige Wiederkehr.

Vielleicht kann sie ein Ansporn und eine Bereicherung für die Super 8-Kultur in diesem Lande und in dieser Stadt sein; jene super 8-Kultur, von der wir uns wünschen, dass sie ihre Autonomie und die Freiheit ihrer Inspiration bewahrt, die es aber durchaus vertragen kann, auch einmal in ein größeres Licht der Öffentlichkeit gerückt zu werden; nicht zuletzt, damit die Vorstellungen von dem, was Film (auch) sein kann, verändert, erweitert oder infragegestellt werden... Ulrich Gregor