Festival Archiv

mobile navigation

14. Internationales Kurzfilmfestival Berlin 1998

1998 hieß das Motto "Sex & Wahnsinn". Das Festival fand statt im Balazs, Im Eimer, Meinblau, Kino Central, CinemaX Colloseum, Haus der Kulturen der Welt (Eröffnung) und Kino in den Hackeschen Höfen.

interfilm-Gründer Heinz Hermanns fand 1998 Team-Verstärkung durch Alexander Stein und Matthias Groll. Beide sind bis heute bei interfilm aktiv. 2000 folgte die Gründung der interfilm Berlin Management GmbH und der Büro-Umzug von der Urban- & Oranienstrasse ans Tempelhofer Ufer. 1998 wurde das Festival erstmals komplett in Berlin-Mitte ausgetragen.

230 Filme aus 25 Ländern wurden in 36 Programmblöcken gezeigt.

Eine internationale Jury verleiht fünf Preise im Wert von 10.000 DM. Von 820 eingereichten Filmen laufen 90 im Wettbewerb und allein 40 im "eject"-Programm - der "langen Nacht des abwegigen Films". Hundert weitere Filme und Videos - in allen Formaten' - wurden unabhängig von der freien Ausschreibung in England, Italien, Holland, Dänemark und auf deutschen Kurzfilmfestivals recherchiert. Sie verteilen sich auf über 20 Programme - von Länderprogrammen über historische Animationen zu einem Fußball-Spezial, von Dokumentarfilmen, Seminaren über Videoprogramme bis zur deutschen Erstaufführung eines ganz außergewöhnlichen Spielfilms über Hitler.

interfilm 14 veranstaltete zusätzlich zu den Programmen eine "Lange Nacht des ungewöhnlichen Films" in der Galerie Meinblau.

Eine Jury vergab fünf Preise im Gesamtwert von 10.000 Mark.

Beim letzten Festival galt das Motto "Mythen und Magie". Es wurde gezeigt, dass Okkultismus, Aberglaube und Massenwahn - oft unterschwellig - unseren Alltag prägen. Beim Thema "Das Böse und der Trieb" (1995) fragten wir, inwiefern das Grauen in Form von Egoismus, Gewalt und Krieg Normalität ist, und welcher Art sich der Mensch dem Animalischen und Absurden hingibt. 1993 widmete sich das Festival dem "Science und Fiction". Das weite Spektrum der eingereichten Filme führte vor Augen, wie Wissenschaft und futuristische Weltentwürfe die Vorstellungskraft des Menschen sprengen, und wie sich die Zukunftsängste, Träume und Alpträume der Menschheit artikulieren.

Das diesjährige Thema "Sex und Wahnsinn" entspringt dem gesellschaftlichen Leben ganz unmittelbar: Sexualität beschäftigt uns täglich! Sex, Liebe und Geborgenheit sind einerseits das Schönste der Welt, können aber durch falsche Dosierung auch fatal geraten und in Haß und Entfremdung enden. Doch soll Sex nicht nur unter dem Aspekt von Liebe, Lust und Leidenschaft verstanden werden, sondern auch - analog zum englischen Begriff 'sex' - als Auseinandersetzung mit der Geschlechtlichkeit, die in Form des anderen Geschlechts allzu oft als natürlicher Feind des eigenen Geschlechts auftritt. Die Filme zeichnen die Auseinandersetzungen mit den Eigenarten und Konflikten der Menschen untereinander auf sehr vielfältige Weise nach.

Vom Sex zum Wahnsinn ist es nicht weit - spätestens seit Freud und Jung wissen wir um deren enge Verflochtenheit. Wahnsinn - und Lust - stecken in jedem Menschen und jeder steht im ewigen Kampf mit sich selbst. Gleich nach der Geburt geht der Ärger um persönliche Identität und zwischenmenschlichen Irrsinn Ios. Sich widersprechende Triebe und Bedürfnisse machen latent schizophren. Die Frage ist nur, wie man die inneren Konflikte angeht, und was aus den Kräften der Kämpfe entsteht. Neben dem ganz normalen Wahnsinn ist die heutige Realität geprägt von einer medial überhöhten "Lust am Wahnsinn": Durch die Übertreibung des "Üblichen", durch die "Flucht ins Extreme" verschmilzt die Bedeutung von Wahn und Sinn zur Norm. Lust und Leiden prallen in den Filmprogrammen des Festivals ebenso aufeinander wie "Körpergenuß" und -zerstörung.

Die exzentrische Überhöhung der Realität, psychotraumatische Abgründe und allerei Grausamkeiten werden anschaulich vertieft. Sexualität und Wahnsinn sind einerseits gesellschaftliche Tabus, andererseits werden sie - wohl deshalb - massenwirksam in Szene gesetzt. Der Wahnsinn verfolgt uns: Kamerabestückte Hubschrauber jagen flächtenden Mördern hinterher, Geiselnahmen sind perfekt inszeniert und Mord und Tatschlag sind in der Lifeversion Kassenschlager - es lebe die Katastrophe. überproportional und wie durch eine Lupe, präsentieren die Medien Sex im Überfluss. Das Sexleben der Nation wird öffentlich zur Schau gestellt. Fernsehkameros dringen in die Betten und Swingerclubs, um selbst beim Geschlechtsakt dabei zu sein. Umgekehrt besteht in den Talk-Shows, Gazetten und Magazinen ein geradezu exhibitionistisches Bedürfnis, persönliche Unzulänglichkeiten, Beziehungswahn und Stellungskämpfe mitzuteilen und zur öffentlichen Botschaft zu machen. Ob der Busen zu groß ist, der Schwanz zu klein, ob Sex mit Hamster, Hund oder Huhn mit oder ohne Viagra besser ist - eine "normale Beziehung" ist im medialen Reißwolf ein Tabu.

Wir werden das Thema anders darstellen als es die Bildmedien mit Spielfilmformat und Realitätsdokumentation vermögen: Der Kurzfilm zeichnet sich durch sehr persönliche und anekdotenhafte Sichtweisen aus. Im Gegensatz zum Fernsehen und Spielfilm ist der Kurzfilm unkommerzieller und wirtschaftlich weit unabhängiger, er reicht von der subversiven Direktheit bis hin zum poetischen Fantasma. Die kreative Vielfalt dieses Mediums wird in den 36 Festival-Programmen in ihrer ganzen Spannbreite zur Geltung kommen. Die vielfältigen Gesichter des Geschlechterkampfs korrespondieren mit der reichen Sprache der unterschiedlichen Filmformate und ästhetischen Kategorien. Die 25 vertretenen Länder garantieren einen weiteren Facettenreichtum. Viele Filme setzen sich in amüsanter oder ironischer Art und Weise mit dem Thema auseinander. Andere behandeln Themen wie Vergewaltigung und Kindesmißbrauch sehr ernst und einfühlsam. Einige Werke nehmen die kindliche Perspektive ein und weitere thematisieren Konsum, das "starke Geschlecht" und Aufklärung. Das ewige Dilemma zwischen Mann und Frau führt immer wieder zur Frage, ab Mann und Frauen überhaupt zueinander passen. Die auf der Leinwand präsentierten Antworten sind vielfältig, aber eindeutig. Wir haben in den vier Berliner Kinos ein spannendes Programm zusammengestellt und wünschen unterhaltsame Erregung!

Programm  

Wettbewerb
Animated Battle of the Sexes
Bodygames
Longing & Delusion
Lust & Last
Passion, Desires & Extremities
Consumption,
Lust & Gluttony
Film Phantasies
Encounters of a Strange Kind
The other Glance

Video ultra
Manpower
Powerwomen
II Futuro e Obsoleto

Länderkurzfilmprogramme
Holland
Neuseeland
Dänemark
Irland / Nordirland England / Schottland

Historische Kurzfilmprogramme
Early American Sexfilms 1915 -1950
Sex in Early American Cartoons 1928 -1965
The Birth of Betty Boob Sex and Insanity Show 1930 -1933 American Ecucational Films of the 70ees
The Teenage Sex Show

Dokumentarfilmprogramme
Human Remains & Stripped and Teased
Voyeur

Sonderprogramme / Specials
Erotic Tales
Black Blood
Fußballfilme / Soccer

Spielfilm
The Empty Mirror (Dt. Erstaufführung)

Eject

Seminare
INTRO - Analyse des pornografischen Films
Widerwärtigkeiten: Einblicke in das Negative (Der Splatterfilm)

Preise

1.Preis
Gutschein für Untertitelung im Wert von DM 5.000 ermöglicht durch Titelbild

2.Preis
Filmmaterial im Wert von DM 2.300 ermöglicht durch Fuji

3.Preis
Gutschein für ein verlängertes Wochenende mit Kulturprogramm und Sonntags-Jazz-Brunch (2 Personen) im Wert von DM 1400 ermöglicht durch Forum Hotel

4.Preis
Technisches Equipment im Wert von DM 800 ermöglicht durch Foto Braune

5.Preis
Filmmaterial im Wert von DM 500 ermöglicht durch interfilm