1989 entschloss sich interfilm, die Präsentationen auf alle Film- und Videoformate auszudehnen. Als Veranstaltungsort kam das neu gegründete fsk- Kino dazu. Neben den inzwischen konzeptionell gewordenen Länderprogrammen, traten nun auch immer mehr Motto- Programme wie die "Schwul / Lesbische Filmnacht" in den Vordergrund.
Nur keine falsche Scheu und aufgesetzten Hemmungen, denn was Sie noch nie gesehen haben, werden Sie Wohl oder Übel auch hier nicht zu sehen kriegen. Was bei solch einem Ereignis nur selten schadet, ist ein kleines bischen Gedankenaustausch über diesen oder jenen Film, manchmal lieber vorher als hinterher, weil es in einigen Fällen am Ende ratsamer ist, nachdenklich in die Gegend zu starren, um nicht unangenehm aufzufallen.
Vor überzogenem Enthusiasmus sei hiermit gewarnt, denn letztlich ist man immer nur so peinlich wie der eigene Filmgeschmack und besser machen kann man es in der Regel auch nicht. Wo aber bleibt die Ausnahme? Sicher bei den Filmen, wo es genügt, dass sie einfach nur gefallen und kein zwanghaft interessiertes Klimpern mit den Wimpern er-forderlich ist, um die andere oder eine Gedankenblase platzen zu lassen. Ein gutes falsches Gebiss, tauglich für die diversen Formate SUPER-8 VIDEO 16mm scheint trotzdem erforderlich, um sich durch fünf Tage Film zu beißen.
Zum Schluss noch ein paar grobe Überlegungen zum Thema: auch in diesem Jahr sind die Symbole im Film wichtig, wenn Innen- und Außenwelt sich höchst dramatisch ineinander verschränken und der Held bzw. die Heldin es wirklich schwer hat. Die anspruchsvolleren Filme sind an ihren langen Einstellungen und komplizierten Kameraoperationen zu erkennen - umstritten bleibt aber noch das unversehene "Kamera aus der Handgleiten" bei einigen Filmschaffenden, weshalb dieser Aspekt endlich einer grundsätzlich filmtheoretischen Erörterung bedarf. Experimentiert wird weniger, weil dabei immer so unheimlich viel kaputt geht und die Budgets knapp sind. Schade ist, dass in den Filmen immer noch zu wenig geküsst und geschossen wird, obwohl das doch billig ist und die Zombies fehlen, um die von der Leinwand zu fressen, die allzu trübtassig dumpfe Mono- und Dialoge tränen.
Auswahlprogramm I (Super 8)
Auswahlprogramm II (Super 8)
Auswahlprogramm III (Super 8)
Sonderprogramm
Der Elefant aus Elfenbein (Super 8)
Schwul/Lesbische Filmnacht (Super 8 / 16mm)
Auswahlprogramm I (16mm)
Auswahlprogramm II (16mm)
Auswahlprogramm III (16mm)
Sonderprogramm
AGZ - Filmproduktion (16mm)
Tony Hill (16mm)
Eric Pauwels (16mm)
Länderprogramm
USA (Super 8 / 16mm)
USA I (Video)
USA II (Video)
Belgien (Video)
Skandinavien (Video)
Frankreich (Video)
International (Video)
Sonderprogramm
Berliner Realitäten (Video)
Idioten Videoten (Video)
Tanz & Bewegung (Video)
Lars von Triers "Medea" (Video)
Lars von Triers "Images of a relief" (16mm / 35mm)
Gusztav Hamos' "L'invincible" (35mm / Video)
Konzert - Performance Antarctica - Flexitar No. 2
Videoten zusammengestellt von Stiletto Studios
1982 veranstalteten Axel Brand u.v.a. in Berlin interfilm, das "1. Internationale Super 8 - Festival".
Im Kampf um den Hobbyfilmer-Markt lag Super 8 bereits in den letzten Zügen gegen das aufsteigende Amateurmedium VHS, als der Berliner Kunst-Untergrund den Schmalfilm mit grobkörniger Dilettantenästhetik für HdK-Studenten, Garagenmusiker und Taxifahrer gegen die leicht verstaubte Filmavantgarde antreten ließ. Avantgarde- und Experimentalfilmfestivals öffneten sich dem verpöhnten Bastlerformat Super 8 erst nachdem die technischen Mängel des Schmalfilms als künstlerische Stilmittel definiert waren. Aus wilden Super 8 Aktivisten wurden wieder schlappe Filmkünstler.
Mit sieben Jahren Rückstand gibt es zum ersten Mal ein Video- und Fernsehprogramm bei Interfilm. Aus Deutschland kommt ein Programm garantiert frei von Videokunst, aber voller Versuche, die Grenzen des guten Geschmacks, des Plagiats, der Logik, Qualität und Kompetenz auszuloten, um sie wieder neu definieren zu können oder endgültig wegzulassen. Zusätzlich zu ihrem Festivalprogramm laden die Videoten am Samstag, den 30.9. zu einer interfilm live Fernsehsendung im Offenen Kanal (SK 8) der Berliner Kabelfernsehprogramme von 22:00 bis 0:00 Uhr ins Studio in der Voltastraße 5 oder von Zuhause am Fernsehapparat telefonisch unter 4 60 02 195 ein.
Schwul / Lesbische Filmnacht
Interfilm 7, 30.9.89, 24.00 Uhr
Wieland Speck
Safer Sex Porno
Michael Brynntrup
Narziss und Echo (Premiere!)
14'
Steve Cummins
Le corps image
10'
UliVersum
Zitrusfrüchte 2
6'
Bruce Labruce
I know how it is to be dead
15'
Thomas Feldmann
Start
1'
Thomas Feldmann
German Runs
4'
Jonathan Pollard
Venus Infers
10'
Volker Schönwart
Cleanliness is next to Godliness
4'
Die Praxis
Müll
10'
Gerard Durant / Jürgen Brüning
Cinematon faux No. 997
3'
Thomas Mank
Triptychon -Studie für ein Selbstbildnis
11'
Jörq Kronsbein
Mikes neuer Kronleuchter, oder Meine Kamera hat einen automatischen Zoom
3'
Matthias Müller
Aus der Ferne - The Memo Book (Premiere!)
29'
Teufelsberg
Edith Schröder - eine deutsche Hausfrau
30'
Rolf Kligge
A Safer Sex Dream
12'
A.Strip-Pickles
Le temp de reflechir (Ausschnitt)
6'
Karyn Kay
Someone else's clothes
35'
Hans-J. Köhler
Der Auslöser
26'
Cornelia Gürtler
Schützenfest
20'
Betty Gordon
Scetch to Variety
20'
Die Auswahl trafen Michael Brynntrup und Matthias Müller. Durch das Programm führte BeV StroganoV.
Vielen Dank für Anregungen und Hilfe an Wieland Speck, Alf Bold, Jürgen Brüning, Mahide, Olaf Stöben.